Die Gerichtshoheit der Rittergueter
Viele Rittergueter besassen fuer ihre naehere Umgebung die niedere Gerichtsbarkeit. In unserem Gebiet betraf das die Rittergueter Gaertitz, Kleinbauchlitz und Mockritz. Das waren die sogenannten Patrimonialgerichte. Der oertliche Gerichtsherr war der Gutsherr.
Im saechsischen Staatsarchiv Leipzig befinden sich viele Akten des Mockritzer Patrimonialgerichtes aus dem 17. bis 19. Jahrhundert.
Aus den Akten ist ersichtlich, dass nur geringfuegige Delikte, wie Diebstaehle, Streitigkeiten, Beschwerden und anderes verhandelt wurden. Fuer schwerere Vergehen war die Gerichtsbarkeit des Klosters Buch zustaendig. Der Galgen dieses Gerichts befand sich in Mockritzer Flur auf dem sogenannten Galgenstueck nordwestlich des Dorfes. Im Archiv befindet sich eine besonders interessante Akte ueber den Mockritzer Hufschmied Johann Gottlob Boitz aus dem Jahre 1847-1849. Man hatte ihn wegen "unerlaubten Curierens" angezeigt. Das Gebaeude des Schmiedes befindet sich im suedlichen Teile unseres Dorfes. Besitzer der ehemaligen Schmiede ist seit 1966 R. Strohbach. Das Gebaeude der Schmiede, in dem der Dorfdoktor Boitz praktiziert hat, ist nicht mehr bewohnt.
Der Mockritzer Kantor Ullmann schreibt ueber den Dorfdoktor folgendes:
Akte von Boitz Nr.25 (Akte in Untersuchungssachen wider den Hufschmied Johann, Gottlob Poitzen Mockritz wegen unbefugten Curierens 1847/49)
Weit und breit nannte man um 1830 - 60 den Namen des Mockritzer Schmiedes, weil er Beinbrueche, Armbrueche, Verrenkungen und Verstauchungen besonders gut zu heilen verstand. Erkurierte die Leute mit gruenem Spiritus, Pflaster und Massagen. Er war manchmal Naturheilarzt, manchmal auf eigene Faust approbierter Arzt. Von selbst hatte er sich das angeeignet, von selbst alles durchdacht, von selbst ausprobiert. Zu verwundern brauchte sich natuerlich niemand, wenn er bei allen seinen Kuren und Eingriffen etwas herb war. Eine sogenannte “schonende Behandlung“, wie wir es heute gewoehnt sind, kannte er selbstverstaendlich nicht. Besonders bei Bein-, Fuss- und Armbruechen ging er sehr entschlossen und unbarmherzig vor. Dadurch kam er in den Ruf eines tuechtigen Dorfdoktors. Natuerlich hatte er bei allen Hilfeleistungen eine besondere Eigenheit. Niemals war bei ihm eine Sache schlimm. Weinte ein Patient bei ihm, weil der betreffende glaubte, der Schaden wuerde nicht wieder heilen, so sagte er immer: "Eh, das wird schon wieder!" Er troestete und beruhigte jeden Patienten. Zu allen sagte er "Du". Hatte z.B. jemand ein Bein gebrochen, so richtete er erst das Bein ein, dann kam gruener Spiritus (Spiritus-Aufsatz aus Maiwuchs und dergl.) durch einreiben um die Bruchstelle, dann ein Pflaster und zu letzt recht fest eine Binde. Und sonderbar! Die Brueche heilten gut und nach und nach wurde Boitz ein beruehmter Mann. Vor seiner Schmiede hielten oft Kutschen aus verschiedenen Gegenden Sachsens. Sonntags war der Besuch besonders rege. Im hiesigen Gasthof wurde dann ausgespannt.
Die Leute kamen aus der Lausitz, aus dem Erzgebirge, aus dem Preussischen, aus Bayern, aus Boehmen. Einmal hatte er sogar eine Dame, die von Wien aus hier hergekommen war, geheilt. Wahrscheinlich sind es Handelsleute gewesen, die seinen Ruf ueber Sachsens Grenzen hinaus verkuendet haben. Hatte sich jemand Schaden getan- wie man zu sagen pflegte-, so nahm er an der betreffenden Stelle eine Einreibung mit seinem gruenen Spiritus vor, hernach legte er ein selbstzubereitetes Pflaster auf. Das Pflaster ging nicht eher wieder ab, wie der Schaden geheilt war. Kam es vor, dass sich jemand den Arm ausgekugelt hatte, so musste sich de Betreffende auf eine Hitsche (Fussbank) stellen. Oben an der Decke hatte Boitz einen festen Haken angebracht, an dem ein Strick befestigt war. Am Ende des Strickes war ein Ring. An diesem Ring. An diesem Ring musste der Patient sich festhalten. "So, so", sagte der Schmied. "Mein Sohn sieh an die Decke und pass auf, dass der Strick nicht reisst! Immer sieh hin!" und aehnliche Redewendungen sagte der Meister. Ploetzlich stiess er dann die Hitsche um und der Patient, dem scharf eingepraegt wurden war, ja nicht los zu lassen, schrie ploetzlich: " Au!" - sein Arm war eingerenkt, weil er mit seiner Koerperschwere am Strick hing und durch das ploetzliche rucken des Koerpers die Armkugel von selbst eingerichtet wurde. " So, mein Sohn, nun ist er ins Geschick!" - War bei einem Knochenbruch die betreffende Stelle besonders geschwollen, so ordnete er erst das Waermen mit Lein an. "Erst wenn die Geschwulst weg ist", sagte er, "kann ich etwas machen. Bemerkte er, dass nicht richtig gewaermt wurde, so sprach er: "So - so musst du es machen, wenn du waermst." - manchmal ist es vorgekommen, dass Beinkranke zu ihm kamen, die vorher woanders behandelt worden waren. Er hoerte das Lamento eines solchen Kranken erst an, untersuchte den betreffenden Bruch und sagte dann immer: "Setz dich her, mein Sohn!" oder auch "Setz dich her, mein Kind!" Dann legte er den Fuss des betreffenden Beines auf den Sitz eines etwas entfernteren Stuhles, damit das Bein langgestreckt dalag. "So - so!" sagte er und spazierte in der Stube auf und ab. Er unterhielt sich nun mit dem Patienten, fragte nach seiner Herkunft und der gleichen mehr. Manchmal liess er ihn auch an die Decke sehen und die Fliegen zaehlen. Wenn er nun waehrend des Erzaehlens in die Naehe des ausgestreckten Beines kam, so knickte er ganz ploetzlich und ruckhaft auf das Bein, so dass es an der schlechtgeheilten Stelle nochmals gebrochen wurde. Die Leute, die so behandelt wurden, schrien natuerlich laut auf. Er aber troestete sofort und sagte: " 's waerd schu wieder waern, 's waerd schu wieder waern!" Er verfuhr nun nach seiner Methode: Einrichten der Bruchstelle, Einreiben, Pflaster, Binde. - Er sagte den Leuten ungefaehr die Zeit, wann der Bruch vollstaendig ausgeheilt sein koennte und versicherte, dass das Bein wieder in Ordnung kaeme. Es war aber auch an dem. Seine zwei Enkel und einige Dorfbuben von Mockritz haben natuerlich manchmal heimlich durch ein kleines Fenster in die Stube gesehen und sich an den Gesichtsverzerrungen ergoetzt, die einzelne Kranke schnitten, wenn sie manchmal etwas unsanft von den derben Schmiedehaenden bearbeitet wurden. Einmal hatte ein Fraeulein ein Bein gebrochen und wollte es von ihm einrichten und geheilt haben. Da aber gerade zwei Maurer in der Stube und in der Kueche den Ofen umsetzten, so war es fuer das Fraeulein genierlich, das Bein freizumachen, um es behandeln zu lassen. Der Schmied roch gleich den Braten und sagte ganz trocken: "So, aber der Maurer dort draussen ist viel neugieriger als der hier innen!" Der Meister war in gewissen Situationen immer schlagfertig, niemals verlegen, oft sogar recht witzig veranlagt. Fuer seine Hilfeleistungen verlangte er kein Geld, sondern die Leute gaben freiwillig etwas. Trotzdem ist er oft angezeigt worden und hat mitunter empfindliche Geldstrafen bekommen, weil er ohne Erlaubnis dokterte. Einmal kam Herr Obergendarm Grueneberg aus Doebeln zu ihm gefahren und wollte von ihm behandelt sein, weil er einen schlechtverheilten Beinbruch hatte.
Da der Herr Obergendarm den Mockritzer Schmied einmal angezeigt hatte, so wollte Meister Boitz den pflichtgetreuen Beamten nicht in Behandlung nehmen. "Ne, ne, mei Sohn", sagte der Schmied " das kann ich nicht machen. Du hast mich doch angezeigt und ums Geld gebracht!" Durch langes Zureden von den Personen, die den Herrn Obergendarm in die Stube gebracht hatten, gab der Schmied endlich nach und nahm die Behandlung des Beines vor. Er machte es genau so, wie bei schlecht geheilten Beinbruechen der anderen Patienten (siehe vorher). Als er das Bein des Herrn Obergendarmen ploetzlich brach, da schrei der Patient: "Au, das tat aber weh!" Der Schmied entgegnete sofort: "Ja, mein Sohn mir tat's auch weh, als ich so viel Strafe bezahlen musste!" Da dieses Bein des Beamten ueber alles Erwarten gut heilte, so dass der Herr Obergendarm wieder Dienst tun konnte, so wurde dem Mockritzer Schmied durch die Fuersprache des geheilten bei der Amtshauptmannschaft die Genehmigung zur Behandlung von Knochenbruechen erteilt.
Diese Genehmigung hat ihm innerlich sehr wohl getan. Dass er auch auswaerts seine Praxis ausuebte, bestaetigte folgender Fall: Der Herr Schullehrer Koerner in Toepeln hatte einmal unterwegs das Pech, das Bein zu brechen. Ein Nachbarkollege, der mit ihm gegangen war, brachte den Verunglueckten in seine Wohnung. Ein benachbarter Stadtarzt richtete das Bein ein Da die Schmerzen nicht nachlassen wollten, rieten die Toepelner Bauern, den Schmied von Mockritz holen zu lassen, da er selbst geschickt in der Behandlung von Knochenbruechen sei. Wie gesagt, so getan.
Der Schmied wurde mit Geschirr geholt. Er richtete das Bein nochmals ein, brachte seine gruene Einreibung hervor und bestrich die Haut oberhalb und unterhalb der Bruchstelle mit seinem Heilmittel. Mit den derben Schmiedehaenden rieb er die Fluessigkeit in die haut hinein. Nun kam sein bekanntes Pflaster und eine Binde um die Bruchstelle. Die Bauern, die bei der Einrichtung des Beines ihren Lehrer halten mussten, haben fast Blut geschwitzt und der Verunglueckte selbst hatte bei der Behandlung durch den Schmied solche Schmerzen, dass er einem Bauer, der ihm am Oberkoerper hielt, ins Schulterblatt biss. Dem Lehrer Koerner hat der Schmied fast auf die Woche stimmend gesagt, wann er wieder gehen koenne. Interessant war, dass Boitz auch alle Armbrueche richtig wieder in Ordnung brachte und das seine Behandlungen immer gut heilten.
Gutachten und Schutzschrift zur Akte Hufschmied Boitz
Als er am 3.Mai 1867 starb, war er 84 Jahre und 6 Monate alt. Er hinterliess drei verheiratete Kinder: einen Sohn und zwei Toechter und ein schoenes Vermoegen. Seine Heilkunst hatte ihm ein schoenes Stueck Geld gebracht.
Im saechsischen Staatsarchiv Leipzig befinden sich viele Akten des Mockritzer Patrimonialgerichtes aus dem 17. bis 19. Jahrhundert.
Aus den Akten ist ersichtlich, dass nur geringfuegige Delikte, wie Diebstaehle, Streitigkeiten, Beschwerden und anderes verhandelt wurden. Fuer schwerere Vergehen war die Gerichtsbarkeit des Klosters Buch zustaendig. Der Galgen dieses Gerichts befand sich in Mockritzer Flur auf dem sogenannten Galgenstueck nordwestlich des Dorfes. Im Archiv befindet sich eine besonders interessante Akte ueber den Mockritzer Hufschmied Johann Gottlob Boitz aus dem Jahre 1847-1849. Man hatte ihn wegen "unerlaubten Curierens" angezeigt. Das Gebaeude des Schmiedes befindet sich im suedlichen Teile unseres Dorfes. Besitzer der ehemaligen Schmiede ist seit 1966 R. Strohbach. Das Gebaeude der Schmiede, in dem der Dorfdoktor Boitz praktiziert hat, ist nicht mehr bewohnt.
Der Mockritzer Kantor Ullmann schreibt ueber den Dorfdoktor folgendes:
Akte von Boitz Nr.25 (Akte in Untersuchungssachen wider den Hufschmied Johann, Gottlob Poitzen Mockritz wegen unbefugten Curierens 1847/49)
Weit und breit nannte man um 1830 - 60 den Namen des Mockritzer Schmiedes, weil er Beinbrueche, Armbrueche, Verrenkungen und Verstauchungen besonders gut zu heilen verstand. Erkurierte die Leute mit gruenem Spiritus, Pflaster und Massagen. Er war manchmal Naturheilarzt, manchmal auf eigene Faust approbierter Arzt. Von selbst hatte er sich das angeeignet, von selbst alles durchdacht, von selbst ausprobiert. Zu verwundern brauchte sich natuerlich niemand, wenn er bei allen seinen Kuren und Eingriffen etwas herb war. Eine sogenannte “schonende Behandlung“, wie wir es heute gewoehnt sind, kannte er selbstverstaendlich nicht. Besonders bei Bein-, Fuss- und Armbruechen ging er sehr entschlossen und unbarmherzig vor. Dadurch kam er in den Ruf eines tuechtigen Dorfdoktors. Natuerlich hatte er bei allen Hilfeleistungen eine besondere Eigenheit. Niemals war bei ihm eine Sache schlimm. Weinte ein Patient bei ihm, weil der betreffende glaubte, der Schaden wuerde nicht wieder heilen, so sagte er immer: "Eh, das wird schon wieder!" Er troestete und beruhigte jeden Patienten. Zu allen sagte er "Du". Hatte z.B. jemand ein Bein gebrochen, so richtete er erst das Bein ein, dann kam gruener Spiritus (Spiritus-Aufsatz aus Maiwuchs und dergl.) durch einreiben um die Bruchstelle, dann ein Pflaster und zu letzt recht fest eine Binde. Und sonderbar! Die Brueche heilten gut und nach und nach wurde Boitz ein beruehmter Mann. Vor seiner Schmiede hielten oft Kutschen aus verschiedenen Gegenden Sachsens. Sonntags war der Besuch besonders rege. Im hiesigen Gasthof wurde dann ausgespannt.
Die Leute kamen aus der Lausitz, aus dem Erzgebirge, aus dem Preussischen, aus Bayern, aus Boehmen. Einmal hatte er sogar eine Dame, die von Wien aus hier hergekommen war, geheilt. Wahrscheinlich sind es Handelsleute gewesen, die seinen Ruf ueber Sachsens Grenzen hinaus verkuendet haben. Hatte sich jemand Schaden getan- wie man zu sagen pflegte-, so nahm er an der betreffenden Stelle eine Einreibung mit seinem gruenen Spiritus vor, hernach legte er ein selbstzubereitetes Pflaster auf. Das Pflaster ging nicht eher wieder ab, wie der Schaden geheilt war. Kam es vor, dass sich jemand den Arm ausgekugelt hatte, so musste sich de Betreffende auf eine Hitsche (Fussbank) stellen. Oben an der Decke hatte Boitz einen festen Haken angebracht, an dem ein Strick befestigt war. Am Ende des Strickes war ein Ring. An diesem Ring. An diesem Ring musste der Patient sich festhalten. "So, so", sagte der Schmied. "Mein Sohn sieh an die Decke und pass auf, dass der Strick nicht reisst! Immer sieh hin!" und aehnliche Redewendungen sagte der Meister. Ploetzlich stiess er dann die Hitsche um und der Patient, dem scharf eingepraegt wurden war, ja nicht los zu lassen, schrie ploetzlich: " Au!" - sein Arm war eingerenkt, weil er mit seiner Koerperschwere am Strick hing und durch das ploetzliche rucken des Koerpers die Armkugel von selbst eingerichtet wurde. " So, mein Sohn, nun ist er ins Geschick!" - War bei einem Knochenbruch die betreffende Stelle besonders geschwollen, so ordnete er erst das Waermen mit Lein an. "Erst wenn die Geschwulst weg ist", sagte er, "kann ich etwas machen. Bemerkte er, dass nicht richtig gewaermt wurde, so sprach er: "So - so musst du es machen, wenn du waermst." - manchmal ist es vorgekommen, dass Beinkranke zu ihm kamen, die vorher woanders behandelt worden waren. Er hoerte das Lamento eines solchen Kranken erst an, untersuchte den betreffenden Bruch und sagte dann immer: "Setz dich her, mein Sohn!" oder auch "Setz dich her, mein Kind!" Dann legte er den Fuss des betreffenden Beines auf den Sitz eines etwas entfernteren Stuhles, damit das Bein langgestreckt dalag. "So - so!" sagte er und spazierte in der Stube auf und ab. Er unterhielt sich nun mit dem Patienten, fragte nach seiner Herkunft und der gleichen mehr. Manchmal liess er ihn auch an die Decke sehen und die Fliegen zaehlen. Wenn er nun waehrend des Erzaehlens in die Naehe des ausgestreckten Beines kam, so knickte er ganz ploetzlich und ruckhaft auf das Bein, so dass es an der schlechtgeheilten Stelle nochmals gebrochen wurde. Die Leute, die so behandelt wurden, schrien natuerlich laut auf. Er aber troestete sofort und sagte: " 's waerd schu wieder waern, 's waerd schu wieder waern!" Er verfuhr nun nach seiner Methode: Einrichten der Bruchstelle, Einreiben, Pflaster, Binde. - Er sagte den Leuten ungefaehr die Zeit, wann der Bruch vollstaendig ausgeheilt sein koennte und versicherte, dass das Bein wieder in Ordnung kaeme. Es war aber auch an dem. Seine zwei Enkel und einige Dorfbuben von Mockritz haben natuerlich manchmal heimlich durch ein kleines Fenster in die Stube gesehen und sich an den Gesichtsverzerrungen ergoetzt, die einzelne Kranke schnitten, wenn sie manchmal etwas unsanft von den derben Schmiedehaenden bearbeitet wurden. Einmal hatte ein Fraeulein ein Bein gebrochen und wollte es von ihm einrichten und geheilt haben. Da aber gerade zwei Maurer in der Stube und in der Kueche den Ofen umsetzten, so war es fuer das Fraeulein genierlich, das Bein freizumachen, um es behandeln zu lassen. Der Schmied roch gleich den Braten und sagte ganz trocken: "So, aber der Maurer dort draussen ist viel neugieriger als der hier innen!" Der Meister war in gewissen Situationen immer schlagfertig, niemals verlegen, oft sogar recht witzig veranlagt. Fuer seine Hilfeleistungen verlangte er kein Geld, sondern die Leute gaben freiwillig etwas. Trotzdem ist er oft angezeigt worden und hat mitunter empfindliche Geldstrafen bekommen, weil er ohne Erlaubnis dokterte. Einmal kam Herr Obergendarm Grueneberg aus Doebeln zu ihm gefahren und wollte von ihm behandelt sein, weil er einen schlechtverheilten Beinbruch hatte.
Da der Herr Obergendarm den Mockritzer Schmied einmal angezeigt hatte, so wollte Meister Boitz den pflichtgetreuen Beamten nicht in Behandlung nehmen. "Ne, ne, mei Sohn", sagte der Schmied " das kann ich nicht machen. Du hast mich doch angezeigt und ums Geld gebracht!" Durch langes Zureden von den Personen, die den Herrn Obergendarm in die Stube gebracht hatten, gab der Schmied endlich nach und nahm die Behandlung des Beines vor. Er machte es genau so, wie bei schlecht geheilten Beinbruechen der anderen Patienten (siehe vorher). Als er das Bein des Herrn Obergendarmen ploetzlich brach, da schrei der Patient: "Au, das tat aber weh!" Der Schmied entgegnete sofort: "Ja, mein Sohn mir tat's auch weh, als ich so viel Strafe bezahlen musste!" Da dieses Bein des Beamten ueber alles Erwarten gut heilte, so dass der Herr Obergendarm wieder Dienst tun konnte, so wurde dem Mockritzer Schmied durch die Fuersprache des geheilten bei der Amtshauptmannschaft die Genehmigung zur Behandlung von Knochenbruechen erteilt.
Diese Genehmigung hat ihm innerlich sehr wohl getan. Dass er auch auswaerts seine Praxis ausuebte, bestaetigte folgender Fall: Der Herr Schullehrer Koerner in Toepeln hatte einmal unterwegs das Pech, das Bein zu brechen. Ein Nachbarkollege, der mit ihm gegangen war, brachte den Verunglueckten in seine Wohnung. Ein benachbarter Stadtarzt richtete das Bein ein Da die Schmerzen nicht nachlassen wollten, rieten die Toepelner Bauern, den Schmied von Mockritz holen zu lassen, da er selbst geschickt in der Behandlung von Knochenbruechen sei. Wie gesagt, so getan.
Der Schmied wurde mit Geschirr geholt. Er richtete das Bein nochmals ein, brachte seine gruene Einreibung hervor und bestrich die Haut oberhalb und unterhalb der Bruchstelle mit seinem Heilmittel. Mit den derben Schmiedehaenden rieb er die Fluessigkeit in die haut hinein. Nun kam sein bekanntes Pflaster und eine Binde um die Bruchstelle. Die Bauern, die bei der Einrichtung des Beines ihren Lehrer halten mussten, haben fast Blut geschwitzt und der Verunglueckte selbst hatte bei der Behandlung durch den Schmied solche Schmerzen, dass er einem Bauer, der ihm am Oberkoerper hielt, ins Schulterblatt biss. Dem Lehrer Koerner hat der Schmied fast auf die Woche stimmend gesagt, wann er wieder gehen koenne. Interessant war, dass Boitz auch alle Armbrueche richtig wieder in Ordnung brachte und das seine Behandlungen immer gut heilten.
Gutachten und Schutzschrift zur Akte Hufschmied Boitz
Als er am 3.Mai 1867 starb, war er 84 Jahre und 6 Monate alt. Er hinterliess drei verheiratete Kinder: einen Sohn und zwei Toechter und ein schoenes Vermoegen. Seine Heilkunst hatte ihm ein schoenes Stueck Geld gebracht.